Das Team zählt – Kurs halten bei personellen Übergängen

1 Einleitung

Die Volkshochschule Erlangen (vhs) hat seit mehr als fünf Jahren eine bemerkenswert hohe Zahl personeller Übergänge zu gestalten. Dabei handelt es sich zum einen um Nachbesetzungen altersbedingt ausscheidender Mitarbeiter*innen, zum anderen um die Besetzung neu geschaffener Stellen. Die in diesem Beitrag formulierten Thesen basieren auf den hieraus resultierenden Erfahrungen. Sie sind bewusst subjektiv gehalten, lassen sich für eine überaus heterogene Landschaft der Weiterbildungseinrichtungen doch kaum verbindliche Aussagen formulieren. Die hier beschriebenen Erfahrungen wollen vielmehr zur Diskussion anregen, wie personelle Übergänge beim pädagogischen Personal erfolgreich gestaltet werden können.

Die vhs Erlangen ist eine kommunale Einrichtung, deren Leistungsumfang bis 2019 stark angestiegen ist. Die Zahl der jährlichen Buchungen wuchs von 2009 bis 2019 um mehr als 30 % auf 45.000 Teilnahmen an. Auch die Zahl der freiberuflich tätigen Lehrkräfte erhöhte sich innerhalb einer Dekade um 35 % auf 990 Personen. Umfasste das fest angestellte Team im Jahr 2009 neben der Amtsleitung und der Geschäftsführung fünf pädagogische und vier verwaltende Mitarbeiter*innen, waren es zehn Jahre später bereits zwölf pädagogisch verantwortliche Fachkräfte und neun Verwaltungsmitarbeiter*innen. Trotzdem muss die verfügbare Personalressource aufgrund des ebenfalls gewachsenen Veranstaltungsvolumens und der gestiegenen Komplexität der Aufgabenerfüllung als zu gering betrachtet werden. Meist verantwortet je eine Person einen Programmbereich. Vertretungsregelungen können im pädagogischen Bereich kaum realisiert werden, was in der Komplexität der Fachbereiche und der hohen Arbeitslast des Personals begründet liegt. Als kommunal getragene Einrichtung hat die vhs ihren Personalbedarf im städtischen Stellenplan zu beantragen, was eine kurzfristige Personalanpassung schwierig macht. Die Bewilligung von Stellen hängt vom politischen Willen ab und die Rahmenbedingungen, etwa die finanzielle Eingruppierung der Stellen, sind vom personalwirtschaftlichen Gesamtgefüge der Stadtverwaltung abhängig.

So fanden in den vergangenen sechs Jahren zahlreiche Neu- und Nachbesetzungen sowohl in der Verwaltung als auch im pädagogischen Bereich der Volkshochschule statt: 2016 ging die Amtsleitung nach knapp 20 Jahren in den Ruhestand. Die Stelle wurde erst 2017 nachbesetzt. Von 2017 bis 2021 schieden vier pädagogische Mitarbeiter*innen altersbedingt aus, von denen drei Personen jeweils länger als 30 Jahre an der vhs Erlangen gearbeitet hatten. In den kommenden drei Jahren werden auch die Verantwortlichen für die Programmbereiche Beruf und Sprachen altersbedingt ausscheiden. Der für den Sprachenbereich verantwortliche Pädagoge war dann mehr als 35 Jahre lang für die Erlanger vhs tätig.

2 Personelle Übergänge und Verlustpotenziale

Die hauptberuflichen pädagogischen Mitarbeiter*innen hatten das Profil der Einrichtung und damit ihre Struktur, die Strategie und die Organisationskultur der Volkshochschule über viele Jahre nachhaltig geprägt. Die Vorbereitung ihrer Nachbesetzung machte insbesondere die drohenden Verluste deutlich, die es zu minimieren galt. Beispielhaft sollen in einem ersten Schritt die Partnerschaften mit Kursleitungen und Organisationen sowie die Wissenssicherung beschrieben werden.

Kaum eine Volkshochschule gleicht einer anderen. Sie ist geprägt durch ihre Trägerschaft, die urbane oder ländliche Verortung, ihr Aufgabenportfolio und schließlich durch ihr hauptberufliches pädagogisches Personal. Themen, die den Pädagog*innen der Erlanger vhs am Herzen liegen, waren im Laufe ihres Berufslebens an der vhs erfolgreich ausgebaut worden. Versierte Kursleitungen wurden gewonnen und als verlässliche Partner*innen über Jahre hinweg eingesetzt. Beispielsweise wurde an der vhs Erlangen der Unterricht in Deutscher Gebärdensprache über mehrere Jahre ausgeweitet und fand landesweite Beachtung. An anderer Stelle wurden Kooperationen mit Migrant*innenvereinigungen und Literaturkreisen vertieft, Veranstaltungsreihen verstetigt und auch hier gemeinsame Projekte realisiert, die über die Stadt hinaus positiv wahrgenommen wurden.

Oft hatten die Programmbereichsverantwortlichen mit ihren freiberuflichen Kursleitungen viele Jahre eng zusammengearbeitet. Das Ausscheiden der Mitarbeiter*innen war auch für diese ein Einschnitt und einige Kursleitungen entschieden sich, nun auch „in Rente“ zu gehen. Die Fachbereiche verloren innerhalb kurzer Zeit Fach- und Erfahrungswissen, profilierte Persönlichkeiten, kompetente Kursleitungen und in der Folge auch deren Teilnehmer*innen. In großen Programmbereichen mit einer hohen Zahl an Lehrkräften war es kaum möglich, zeitnah eine persönliche Bindung zwischen der neuen Programmbereichsleitung und den Kursleitungen aufzubauen. Eine wichtige Rolle kam in der Folge den Verwaltungskräften zu, die die jeweiligen Fachbereiche betreuten. Sie stehen aufgrund ihres Aufgabenportfolios in stetem Kontakt mit den Kursleitungen, sind vertraute Ansprechpartner*innen und kennen deren Motivationen und Bedürfnisse gut. Deutlich wurde: Es sind in vielen Fällen die zugeordneten Verwaltungskräfte, die bei personellen Wechseln Kontinuität wahren und bei der Einarbeitung eine wichtige Rolle spielen. Ein personeller Übergang im pädagogischen Bereich ist daher nicht nur auf fachlicher Ebene, sondern in hohem Maße auch auf der Verwaltungsebene zu planen.

Die vhs Erlangen gestaltet ihr Programm gemeinsam mit vielen Akteuren der Stadtgesellschaft und pflegt weit über 100 Partnerschaften mit städtischen Stellen, Organisationen und Initiativen. Diese Partnerschaften sind aus dem persönlichen Engagement der pädagogischen Fachkräfte erwachsen und durch gemeinsame Projekte über einen langen Zeitraum vertieft worden. Mit den Neubesetzungen konnten nicht alle Partnerschaften aufrechterhalten werden, waren sie doch stark an die Persönlichkeit der ausscheidenden pädagogischen Kraft gebunden. Deutlich wurde: Dort, wo konkret inhaltlich und mit pädagogischer Zielrichtung zusammengearbeitet wurde und dies auch mit schriftlichen Kooperationsvereinbarungen unterlegt war, bestanden die Partnerschaften weiter fort. Dort, wo die Zusammenarbeit auf mündlichen Zusagen und Sympathie der Akteure zueinander beruhte, wurde es schwierig. Hier musste schließlich die Leitung der Volkshochschule eingebunden werden, um gemeinsam mit der neuen Kraft die Zusammenarbeit zu prüfen und teils auch kontrolliert zu reduzieren. In der Folge wurden für fortbestehende und neue Kooperationen schriftliche Kooperationsvereinbarungen angestrebt, in denen Zielsetzungen, Rechte, Pflichten und ggf. auch Prozesse für alle Partner festgelegt wurden. Die dadurch erreichte Klarheit und Transparenz hilft der nachfolgenden Person bei der Übernahme der Partnerschaften und dient als Basis für die Zusammenarbeit.

Das enorme Fachwissen und der Erfahrungsschatz der ausscheidenden Pädagog*innen war in Ermangelung eines standardisierten, kontinuierlichen Wissens­sicherungsprozesses und aufgrund sehr individueller Arbeitsweisen der Personen schwer zu erhalten. Zwar wurden viele Informationen in einem stadtweit eingeführten Datenmanagementsystem, den digitalen Speichermedien der vhs und auch analog abgelegt, doch waren diese Informationen und Ablageorte subjektiv gewählt worden und für Dritte nur bedingt in einem Gesamtkontext zu verstehen. Das über viele Jahre gesammelte Wissen an die nachfolgende Kraft zu übertragen, war außerdem dadurch erschwert, dass es bei einigen Wechseln keine zeitliche Überlappung und somit keine direkte Einarbeitung der nachfolgenden Fachkraft gab.

Für zwei neue Mitarbeiterinnen, die nicht von ihren Vorgängerinnen eingearbeitet werden konnten, wurden daher sogenannte „Wissenslandkarten“ erstellt. Ziel war die Strukturierung und Dokumentation der für die Nachfolge relevanten Wissensbereiche. Über mehrere Treffen hinweg wurden, unterstützt durch einen externen Moderator, in strukturierten Gesprächen Dokumente sowie Wissensgebiete analysiert und schließlich in digitalen Mindmaps dokumentiert. Das Reduzieren der Verästelung der umfangreichen Mindmaps ermöglichte einen guten Überblick über die Gestaltung der Arbeitsbereiche, während das Auffächern der Mindmap konsequent zu der gesuchten Information und spezifischen Details führen sollte. Diese Dokumentationen wurden den Nachfolgenden als großformatiger Ausdruck, in digitaler Version und als Fließtext zur Verfügung gestellt. Die Wissenslandkarten wurden von den neuen Mitarbeiterinnen im Nachgang jedoch als wenig hilfreich bewertet. Das im Alltag benötigte Faktenwissen, im Gesundheitsbereich etwa die Bezugsquellen von Trainingsgeräten, oder relevante Absprachen mit Kursleitungen waren nur in Teilen hinterlegt und auch komplexere Zusammenhänge konnten nicht abgebildet werden. Die Wissenslandkarten reihten sich schließlich in die bereits existierende Sammlung digitaler und analoger Dokumentenablagen ein.

Auch bei den Übergangsprozessen, in denen die neue Kraft durch ihre Vorgängerin über mehrere Wochen eingearbeitet werden konnte, waren Umfang und Komplexität der Informationen herausfordernd. Zwar erwies es sich als großer Vorteil, dass die neue Person von der ausscheidenden Mitarbeiterin den Partner*innen und Kursleitungen persönlich vorgestellt und empfohlen werden konnte und so eine vertrauensvolle Weiterarbeit erleichtert wurde, doch war die Menge der aufzunehmenden Informationen enorm groß. Die Eindrücke mussten vom Einzuarbeitenden „gefiltert“ werden, um das Erfahrene sinnvoll einordnen und überblicken zu können. Dies hatte schließlich zur Folge, dass erst spät wichtige Details als solche erkannt, aber nicht erinnert wurden. Tiefere Zusammenhänge waren nicht gleich erkannt worden und in der Folge die etablierten Prozesse nicht vollumfänglich plausibel.

Deutlich wurde: Trotz umfangreicher, in Mindmaps verschrifteter Informationen und trotz einer mehrwöchigen Einarbeitung durch die ausscheidende Kraft war der Übertrag des Wissensschatzes an die neuen Mitarbeiter*innen lückenhaft. Als überaus hilfreich wurde von den Nachfolger*innen hingegen der enge, oft informelle Austausch mit dem vorhandenen Team benannt. Hilfreich waren auch die eingeführten Patenschaften für neue Mitarbeiter*innen, die das Kennenlernen des vhs-Teams beförderten. Als wertvolle Unterstützung wurden wieder die Verwaltungskräfte hervorgehoben, die sowohl die jeweiligen Partnerschaften als auch organisatorische Details kannten.

Für den aktuell anstehenden Wechsel der Programmbereichsleitung für berufliche Bildung wurde auf Wissenslandkarten verzichtet und stattdessen mittels eines digitalen Notizbuches von der ausscheidenden Mitarbeiterin über einen längeren Zeitraum und gemeinsam mit der ihr zugeordneten Verwaltungskraft eine umfassende Dokumentation vorbereitet. Da auch in diesem Fall keine Überschneidung zwischen ausscheidender Pädagogin und ihrer Nachfolge realisiert werden konnte, wird eine pädagogische Mitarbeiterin des bestehenden Teams zusätzlich in den Programmbereich Beruf eingearbeitet. Der späteren Nachfolge stehen diese pädagogische Fachkraft, die Verwaltungskraft und die Dokumentation für die Einarbeitung zur Verfügung.

Die Menge des notwendigen Wissens und die Komplexität der Zusammenhänge in einer Weiterbildungseinrichtung können nur in Teilen durch Werkzeuge der Wissenssicherung oder durch mehrwöchige Übergaben vermittelt werden. Vielmehr braucht es strukturiert abgelegte Dokumente, eine kontinuierliche Pflege der verschriftlichten Prozesse, Raum und Zeit für einen intensiven Austausch mit dem verbleibenden pädagogischen und verwaltenden Personal und eine große Offenheit aller Mitarbeiter*innen, die neue Kraft willkommen zu heißen.

3 Vorbereitung personeller Neubesetzung

Damit sich neue Mitarbeiter*innen gut in der neuen Organisation einfinden können, ist eine größtmögliche Übersichtlichkeit und Transparenz in Bezug auf die Organisationsstruktur, die Prozesse, Zielsetzungen und aktuellen Entwicklungen zu schaffen – eine schwierige Aufgabe in einer sich ständig verändernden Einrichtung. Grundsätzlich existieren Geschäfts- und Dienstanweisungen, die für alle Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung gelten, doch geben diese kaum einen Einblick in die Organisationsprozesse der vhs.

Im Rahmen ihres Qualitätsmanagements beleuchtet und verbessert die vhs Erlangen stetig ihre Strukturen und Prozesse. In regelmäßigen Abständen werden zentrale und unterstützende Prozesse analysiert und in einer Prozesslandkarte grafisch dargestellt. Organigramme beschreiben personelle Zusammenhänge, detaillierte Kennzahlenverläufe geben Auskunft über die Entwicklungen in den Arbeitsbereichen. Es existieren ein gemeinsam entwickeltes Leitbild und eine schriftlich festgehaltene Vision für die Arbeit der vhs. Die strategischen Ziele und dazugehörigen Maßnahmen sind ebenso verschriftet wie auch die Ergebnisse verschiedener Stärken-Schwächen-Risiken-Chancen-Bewertungen (SWOT-Analysen). Diese im partizipativen Prozess erstellten Dokumente geben neuen Mitarbeiter*innen Orientierung und laden zur aktiven Mitgestaltung der Einrichtung ein.

Der detaillierten Beschreibung der Organisation folgt eine umfassende Analyse zukünftiger Themen- und Aufgabengebiete im Vorfeld der Nachbesetzung. Eine ausschließliche Weiterführung der bisherigen Arbeitsschwerpunkte würde den sich ständig verändernden Bedarfen und auch der neu auf der Stelle zu platzierenden Person nicht gerecht werden. Hier ist die Einrichtungsleitung in der Verantwortung, die Kriterien für die Besetzungsentscheidung umsichtig vorzubereiten. Die aktuell anstehende Neubesetzung des Programmbereichs Beruf an der vhs Erlangen zeigt die Herausforderungen recht gut auf: Traditionelle Unterrichtsbereiche, wie etwa die Vermittlung von Grundlagenwissen in der EDV, verzeichnen eine sinkende Nachfrage. Berufliche Fort- und Weiterbildung wird in der Region von vielen weiteren Anbietern realisiert. Es stellt sich die Frage, ob der Bereich neue Tätigkeitsfelder erschließen oder sich auf die Vermarktung beruflich verwertbarer Kurse anderer Fachbereiche fokussieren soll. Mit welchem Profil lässt sich dieser Programmbereich zukunftsfähig aufstellen?

Schließlich ist noch der Verbleib von Aufgaben zu klären, die von der Fachkraft übernommen worden waren, ohne in Zusammenhang mit dem pädagogisch-fachlichen Arbeitsbereich zu stehen. So wurden der ausscheidenden Kraft im Laufe der Jahre sogenannte Querschnittsaufgaben zugedacht, die manchmal nach inhaltlicher Nähe, meist aber nach Interesse, Neigung oder verfügbarer Zeitressource übertragen wurden. Mit der Neubesetzung ist die Sinnhaftigkeit dieser Zuordnungen zu prüfen und nicht selten kommt es zu einer Neustrukturierung. Hier eine Reduzierung von Komplexität in den Zuständigkeiten zu erreichen, gestaltete sich an der vhs Erlangen äußerst schwierig, zumal alle Kolleg*innen bereits andere Querschnittsaufgaben innehatten.

Schließlich wurde eine Arbeitsplatzbeschreibung mit den Tätigkeitsbereichen, Handlungsspielräumen und Verantwortlichkeiten erstellt. Diese ist die Grundlage für die Erstellung der Stellenausschreibung und dient schließlich der neuen Fachkraft als Referenz für die an sie gestellten Anforderungen.

Exkurs zu Besetzungsentscheidungen

Im Zuge der vielen Abwägungen im Rahmen des Auswahlprozesses tauchte die Frage auf, welcher Altersgruppe bei Bewerber*innen gleicher Eignung der Vorrang gegeben werden sollte. Mit der Entscheidung für junge Fachkräfte verbindet sich oft die Hoffnung, durch sie junge Kursleitungen zu akquirieren, die der Schlüssel zu jüngeren Zielgruppen sein könnten. Der drohenden Überalterung des vhs-Klientel könnte so entgegengewirkt werden. An der vhs Erlangen entschied man sich jedoch gegen eine grundsätzliche Verjüngung des pädagogischen Teams. Will die vhs alle Altersgruppen der Gesellschaft erreichen, braucht es auch alle Lebensalter im pädagogischen Team der vhs. Der Fokus wurde auf die Schaffung eines „Mehrgenerationen-Teams“ mit vielfältigen Perspektiven und Erfahrungshintergründen gelegt, zum einen, um den methodisch-didaktischen Diskurs im Team zu bereichern, zum anderen, um Kursleitungen und Zielgruppen verschiedener Lebensalter für die vhs zu gewinnen.

4 Personelle Übergänge als Gewinn für die Einrichtung

Die neuen Mitarbeiter*innen veränderten merklich die Organisationskultur der vhs. Alle Neuen gaben an, dass ihnen eine gute Arbeitsatmosphäre und die enge Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen sehr wichtig seien. Eine Mitarbeiterin erklärte sogar, dass die spürbar gute Arbeitsatmosphäre an der vhs ausschlaggebend für ihre Stellenzusage war. Der Wunsch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist insbesondere bei Jüngeren deutlich ausgeprägter, als es bei den langjährigen Mitarbeiter*innen der Fall war. Angebote der Leitung, die Arbeitsstunden zu erhöhen, wurden von den Neuen teilweise abgelehnt. Spürbar ist auch die selbstbewusste Forderung nach mehr Mitbestimmung, Sinnhaftigkeit und einem wertschätzenden Dialog auf Augenhöhe mit der Leitung. Schließlich wurde eine große Offenheit gegenüber agilen Strukturen spürbar.

Exkurs zu Agilität in der Stadtverwaltung

Der Wunsch neuer Mitarbeiter*innen nach agilen Arbeitsweisen ist für eine Bildungseinrichtung, die sich selbst als lernende Organisation begreift, grundsätzlich zu begrüßen. Die vhs Erlangen als Dienststelle der Stadtverwaltung gerät hierbei jedoch spürbar an ihre Grenzen. So zeichnen sich eine Stadtverwaltung und ihre Dienststellen durch eindeutige Zuordnungen und Zuständigkeiten aus. Sie sind durch klar gegliederte Hierarchien strukturiert. Kontinuität, rechtliche Verbindlichkeit und verlässliche, fehlerfreie Prozesse prägen das Selbstbild der Stadtverwaltung. Agiles Management hingegen tendiert zu flachen Hierarchien, besticht durch Flexibilität und beruht auf „Fehlerfreundlichkeit“. Die vhs steht hier aufgrund ihrer (notwendigen) Flexibilität immer wieder in einem Spannungsverhältnis zwischen angestrebter Agilität und verordneter Kontinuität. Methoden des agilen Managements finden in der vhs dennoch ihren Platz und werden da, wo möglich, in die Abläufe der Organisation integriert. Sie forcieren die aktive Auseinandersetzung mit den Organisationsstrukturen und fördern die Zusammenarbeit verschiedener Arbeits- und Themenbereiche.

5 Gemeinsam ins Handeln kommen

Neues Personal hat an der vhs neben den fachlichen Herausforderungen eine Vielzahl von einrichtungsspezifischen Strukturen, Prozessen und Gegebenheiten kennenzulernen. Beispielhaft soll die komplexe Einarbeitung in die zentrale Datenbank genannt werden, die sowohl alle Kursplanungen, Kund*innen- und Dozent*innendaten, Honorarjournale, Entgeltberechnungen und eine Vielzahl weiterer Parameter umfasst. Aus dieser werden schließlich die Inhalte von Printprodukten, Websites und Veranstaltungskalendern exportiert. Fehlerhafte Eintragungen führen zu Störungen im Organisationsprozess. Für diese standarisierten Prozesse existieren derzeit mehrere Schulungen, die von Mitarbeiter*innen der vhs durchgeführt werden. Diese Einführungen stellen jedoch nur einen sehr kleinen Teil des Einarbeitungsprozesses dar und viele Fragestellungen kommen erst im Arbeitsalltag auf. Und wieder sind es die Verwaltungskräfte, die aufgrund ihrer Tätigkeit im Kursmanagement ihre Kenntnisse an das pädagogische Personal weitergeben.

Um auch in der pädagogischen Arbeit zu einem konstruktiv agierenden Team zusammenzuwachsen, braucht es gemeinsame Diskurse, gemeinsames Handeln und eine stetige Reflexion des eigenen Tuns. Insbesondere im heterogenen Team der vhs Erlangen, das sich aus Personen mit verschiedenen Lebensaltern, kulturellen Hintergründen und auch unterschiedlichen Professionen zusammensetzt, sind der stetige Austausch über die organisatorische Realisierung des Programmangebots sowie die Auseinandersetzung mit didaktisch-methodischen Fragestellungen wichtig: Die gemeinsame Auseinandersetzung der pädagogischen Fachkräfte mit der Frage, wie professionelles pädagogisches Handeln in der praktischen Arbeit gelingen kann, verbindet die Fachbereiche der Volkshochschule miteinander. Dennoch gestaltet es sich aufgrund der Fülle organisatorischer Themen schwierig, diesen Diskursen ausreichend Raum zu geben, insbesondere seit Beginn der Pandemie.

6 Übergänge gestalten in Zeiten der Covid-19-Pandemie

Die Strategie, personelle Übergänge durch klare Strukturen, Transparenz und die enge Zusammenarbeit aller Mitarbeiter*innen gelingen zu lassen, wurde durch die Covid-19-Pandemie jäh gebremst. Klausurtagungen und regelmäßige Treffen aller Mitarbeiter*innen mussten abgesagt werden oder digital stattfinden. Festivitäten, wie etwa zu Jubiläen und Arbeitserfolgen, sowie Zusammenkünfte, die das betriebliche Miteinander fördern, konnten kaum mehr gefeiert werden. Dennoch entwickelte sich ein kraftvolles Engagement aus dem Team heraus, um digitale Programmangebote voranzutreiben. In der Auseinandersetzung mit digitalen Lernplattformen, der Qualifizierung von Kursleitungen für den virtuellen Unterricht oder der Verbesserung von Anmelde- und Durchführungsprozessen brachten sich alle Mitarbeiter*innen hoch motiviert ein und ließen die vhs innerhalb weniger Monate ein umfangreiches digitales Bildungsangebot mit mehreren hundert Kursen und Veranstaltungen vorhalten. Trotz aller Erschöpfung, die sich aufgrund der Pandemie bei allen eingestellt hatte, wurden durch diese Leistung der Zusammenhalt der Kolleg*innen und der fachliche Diskurs nachhaltig gestärkt.

7 Schlussbetrachtungen

Personelle Übergänge sind in Weiterbildungsorganisationen in immer kürzeren Abständen zu erwarten. Variierende Erwerbsbiografien, Neueinstellungen aufgrund neuer Arbeitsfelder und das Bedürfnis nach individueller Lebensgestaltung lassen lange Beschäftigungsverhältnisse über mehrere Jahrzehnte unwahrscheinlicher werden. Personelle Übergänge erfordern jedoch auch viel Kraft und Zeit aller Mitarbeitenden. Eine gut strukturierte Einrichtung mit einer wertschätzenden Organisationskultur kann diese Übergänge gewinnbringend meistern. Es gibt nicht das eine Werkzeug, welches personelle Übergänge gelingen lässt. Vielmehr braucht es einen guten Fahrplan für die Einrichtung und eine nachhaltige Willkommenskultur für neue Mitarbeiter*innen.

Schließlich braucht es eine positive und vorausschauende Grundhaltung der Mitarbeiter*innen: Im Ausscheiden langjähriger Kolleg*innen darf nicht nur einen Verlust gesehen werden. Im personellen Übergang muss auch eine Chance für die Weiterentwicklung der Einrichtung erkannt werden. Auch die neuen Kräfte werden Themen und Projekte an der vhs etablieren, die ihnen „ganz persönlich“ am Herzen liegen. Mit diesen werden sie das Profil der Einrichtung nach innen und außen prägen. So strebt die vhs Erlangen danach, die Errungenschaften der früheren Mitarbeiter*innen nicht aufzugeben, neuen Prägungen den notwendigen Raum zu geben und gleichzeitig in ihrer pädagogisch-organisatorischen Substanz zu stärken. Zentral bleibt aber die Vertiefung des kollegialen Austauschs – organisatorisch, fachlich und ganz besonders zwischenmenschlich.

Autor

Markus Bassenhorst, seit 2017 Direktor der Volkshochschule Erlangen.

Review

Dieser Beitrag wurde nach der qualitativen Prüfung durch die Redaktionskonferenz am 17.02.2022 zur Veröffentlichung angenommen.

This article was accepted for publication following the editorial meeting on the 17th February 2022.