1 Lernen im organisationalen Wandel – Herausforderungen für das Weiterbildungsmanagement
Es ist ein historisch gewachsenes Charakteristikum von Weiterbildungseinrichtungen, dass sie sich entlang gesellschaftlicher Wendepunkte auf immer wieder neue Anforderungen einstellen (vgl. etwa für den Bereich der Volkshochschulen Sgodda 2021, S. 42). Organisationaler Wandel stellt somit eine kontinuierliche Anforderung an Weiterbildungseinrichtungen dar (vgl. Feld 2010a). Zugleich gelangt die Aktualität und Relevanz des organisationalen Wandels an gegenwärtigen Herausforderungen zum Ausdruck – z. B. im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hinsichtlich des organisationalen Selbstverständnisses, der strukturpolitischen Verankerung der Weiterbildung sowie des Digitalisierungsschubs (vgl. Sgodda 2021, S. 43–47).
Prozesse organisationalen Wandels werden nahezu selbstverständlich mit Lernanlässen für Weiterbildungseinrichtungen und ihre Mitarbeitenden assoziiert. Allerdings handelt es sich bei individuellen und organisationalen Lernprozessen um unterschiedliche Phänomene (vgl. Zech 2018). Zwar stehen sie in einem rekursiven Zusammenhang, Übergänge erfolgen jedoch nicht selbstverständlich (vgl. Jenner 2018). Für das Weiterbildungsmanagement stellt sich deshalb im Zuge organisationalen Wandels die Herausforderung, inwiefern Weiterbildungseinrichtungen das Lernen und damit verbunden die Professionalitätsentwicklung ihres Personals gezielt unterstützen können.
Organisationen stellen einen rahmenden und prägenden Kontext für erwachsenenpädagogische Professionalitätsentwicklung dar (vgl. im Überblick Franz 2016a; Franz 2016b; Schicke 2012; Hartz 2004). So wird angenommen, dass die Professionalitätsentwicklung des pädagogischen Personals durch die Einbindung in die Weiterbildungseinrichtung mitgeprägt wird. Dies z. B. durch den Einfluss von innerhalb der Einrichtung üblichen Praktiken, durch das dort gelebte Selbstverständnis professionellen Handelns usw. Studien, die jedoch danach fragen, durch welche konkreten Rahmenbedingungen Organisationen die Professionalitätsentwicklung ihrer unterschiedlichen Personalgruppen wie beeinflussen, bilden bisher keinen Fokus der Forschung. Hier setzt der Beitrag an. Er fragt, ob und wie Weiterbildungseinrichtungen die Professionalitätsentwicklung ihres lehrenden, planenden, leitenden wie auch verwaltend tätigen Personals durch den organisationalen Kontext beeinflussen.
Ausgehend von begrifflichen Klärungen wird beleuchtet, wie einerseits das individuelle Lernen der Mitarbeitenden zu organisationalem Lernen beitragen kann (Kap. 2). Der Schwerpunkt liegt sodann auf Studien, die verdeutlichen, wie andererseits Weiterbildungseinrichtungen das Lernen und die Professionalitätsentwicklung ihrer Mitarbeitenden unterstützen können (Kap. 3). Ziel ist es, Gestaltungsmöglichkeiten für das Weiterbildungsmanagement sowie Forschungsperspektiven zu eruieren (Kap. 4).
2 Organisationaler Wandel – Bildungsmanagement – Übergänge zwischen individuellem und organisationalem Lernen
Organisationaler Wandel umfasst neben geplanten auch ungeplante Veränderungsprozesse (vgl. Feld 2010a). Ansätze organisationalen Lernens begreifen „den organisationalen Wandel nicht nur partiell und zeitlich begrenzt, sondern langfristig und organisationsumfassend“ (ebd., S. 60; siehe auch Göhlich 2018a). Sie fokussieren die Gestaltung von Voraussetzungen, die für die Veränderungsfähigkeit der Organisation erforderlich sind, und folgen einer lerntheoretischen Grundlegung (vgl. Göhlich 2018b). Insofern ist der Begriff des organisationalen Lernens spezifischer als jener des organisationalen Wandels. Die Ermöglichung organisationalen Lernens adressiert einerseits als Querschnittsaufgabe alle Mitarbeitenden, andererseits das für entsprechende Voraussetzungen verantwortliche Leitungspersonal (Feld 2010b, S. 95). Die Gestaltung organisationaler Lernfähigkeit lässt sich daher als Aufgabe des Weiterbildungsmanagements verorten.
Während Konsens über einen engen Zusammenhang zwischen dem Lernen der Mitarbeitenden und dem Lernen von Organisationen besteht, ist in den letzten Jahren betont worden, dass dieses Verhältnis näherer Bestimmung bedarf (vgl. z. B. Franz & Schrader 2017, S. 4; aber auch bereits Kuper 1997, S. 141). Dass Übergänge zwischen individuellem und organisationalem Lernen nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden können, verdeutlicht sich unter Zuhilfenahme einer systemtheoretischen Analyseperspektive (vgl. Luhmann 2011): Demnach werden Organisationen als soziale Systeme verstanden, die sich durch die Kommunikation von Entscheidungen bilden und aufrechterhalten. So wird organisationales Lernen als Veränderung der (formalen wie auch informellen) Entscheidungsstrukturen einer Organisation verstanden (vgl. Luhmann 2011; Zech 2018). Individuelle Lernprozesse der Mitarbeitenden erfolgen hingegen auf der Ebene psychischer Strukturen, sodass sie für die Organisation als Kommunikationssystem nicht zugänglich und vom organisationalen Lernen auf der Ebene der Organisationsstrukturen zu unterscheiden sind (vgl. Zech 2018, S. 181). Von diesem Verständnis ausgehend zeigt eine qualitativ-empirische Studie an kooperativen Bildungsarrangements im Feld der Weiterbildung, wie individuelle Lernprozesse von Mitarbeitenden zur Anregung des Lernens von Organisationen beitragen können (vgl. im Folgenden Jenner 2018). Die Studie beleuchtet innerorganisationale Kommunikationsprozesse, anhand derer das individuelle Lernen der Mitarbeitenden sukzessive zu Anregungen für die organisationsinterne Bearbeitung und schließlich zu organisationalen Lernprozessen führt. Demnach ist erstens zentral, ob individuelle Lernanlässe bzw. individuelles (Erfahrungs-)Wissen der Mitarbeitenden in die Organisationskommunikation rückgebunden werden (z. B. durch regelmäßige Besprechungen, kollegialen Austausch, veränderte Arbeitsweisen, angestoßene Ideen usw.). Erst so entsteht die Chance, dass innerhalb der Organisation auf individuelle Lernanlässe bzw. individuelles (Erfahrungs-)Wissen Bezug genommen werden kann. Zweitens ist ausschlaggebend, ob diese Anregungen weitere Resonanz nach sich ziehen, indem sie über das momenthafte Auftreten hinaus in der Organisationskommunikation antizipiert, analysiert und dahingehend bewertet werden, ob sie als Veränderungsanlässe weiterverfolgt oder abgelehnt werden sollen. Auf diese Weise werden von den Mitarbeitenden angestoßene Anregungen so weit kommunikativ weiterverarbeitet, dass die organisationale Entscheidungsbildung auf sie Bezug nehmen kann. Somit kann die Organisation drittens sowohl Entscheidungen über strukturelle Veränderungen als auch Entscheidungen gegen Veränderung zugunsten des Bestandserhalts etablierter Strukturen treffen. Organisationales Lernen hat stattgefunden, wenn die Organisation durch die Weiterverarbeitung der von ihren Mitarbeitenden angeregten Veränderungen neue Entscheidungsstrukturen einrichtet, bestehende Strukturen verändert oder aber Strukturen zum Erhalt des Bestehenden etabliert (vgl. ebd.).
Für das Weiterbildungsmanagement lassen sich aus diesen Befunden praktische Anhaltspunkte ableiten (im Folgenden angelehnt an ebd., S. 265–267). So können Kommunikationsformate zielführend sein, die den Mitarbeitenden Raum und Anlass zum Einbringen ihres (Erfahrungs-)Wissens oder für die Thematisierung im Arbeitskontext erlebter Lernanlässe bieten. Damit diese nicht anschließend „verhallen“, kann z. B. unter Beteiligung entscheidungsbefugter Personen abgewogen werden, ob und welche Anregungen wie weiterverfolgt werden sollen, welche weiteren Personen einzubeziehen sind und welche Chancen und Grenzen in Bezug auf die Resonanz innerhalb der Einrichtung zu erwarten sind. Durch Reflexionsgelegenheiten können zudem Hürden während der Umsetzung ggf. daraufhin abgewogen werden, ob und wie diese abgebaut werden können oder ob eine Anpassung der Veränderungserwartungen mit Blick auf die Einrichtungsziele sinnvoller erscheint.
Während dies zeigt, wie Weiterbildungseinrichtungen organisationale Lernfähigkeit in Bezug auf Anregungen ihrer Mitarbeitenden ermöglichen können, stellt sich im Zuge organisationalen Wandels in einer komplementären Perspektive die Herausforderung, wie Weiterbildungseinrichtungen das Lernen ihrer Mitarbeitenden unterstützen können.
3 Organisationale Strategien der Professionalitätsentwicklung als Ausgangspunkt für das Lernen des Personals in Weiterbildungseinrichtungen
Das Lernen der Mitarbeitenden in Weiterbildungseinrichtungen wird vor allem durch Forschung zur Professionalität und Professionalitätsentwicklung beleuchtet (vgl. Gieseke 2018). Dadurch verschiebt sich der Blick nun spezifischer auf das Lernen im Zusammenhang beruflicher Professionalitätsentwicklung im Sinne einer individuellen „berufsbiographisch verankerte[n] Kompetenzaufschichtung und -vertiefung“ (Seitter 2009, S. 12). Zugleich ist Professionalitätsentwicklung eng verknüpft mit gesellschaftsstrukturellen Prozessen der Verberuflichung und Professionalisierung des erwachsenenpädagogischen Tätigkeitsfeldes (vgl. Nittel 2000). Dabei kommt den Organisationen, die dieses Tätigkeitsfeld konstituieren, zentrale Bedeutung zu. Hingegen wird die organisationale Einbettung der individuellen Professionalitätsentwicklung des Personals innerhalb von Weiterbildungseinrichtungen (vgl. Meisel 2009) erst durch vereinzelte Studien beleuchtet. Dies, obwohl gezeigt werden konnte, dass sich die Professionalität pädagogischer Arbeit durch den rahmenden Kontext von Organisationen (mit-)konstituiert (vgl. Schicke 2012). Auch bei Hartz (2004) erklärt sich Professionalität, indem die Bedeutung individueller berufsbiografischer Aneignungsprozesse im Kontext der Organisation für die Akzeptanz und Umsetzbarkeit betrieblicher Modernisierungsstrategien herausgearbeitet wird. Des Weiteren schließt Franz (2016b) eine empirische Untersuchung an Arbeiten an, welche die Bedeutung von Organisationen für die kollektive Herausbildung eines professionellen Verständnisses über das Lehren aufzeigen (vgl. im Überblick Franz 2016a; Franz & Schrader 2017). Sie untersucht, wie Organisationen der Allgemeinen Erwachsenenbildung „als Kontexte auf die Gestaltung von Lehr-Lernprozessen [...] sowie auf das Verständnis von professionellem Handeln“ (Franz 2016b, S. 20) einwirken. Im Fokus steht dabei die Analyse organisationaler Lehrkulturen, die sich für die didaktische Professionalität der Lehrenden sowie ein gemeinsam geteiltes Lehrverständnis der unterschiedlichen Beschäftigtengruppen als empirisch relevant erweisen (vgl. ebd.). Während oben genannte Studien explizit auf die Relevanz des organisationalen Kontextes für individuelle Professionalitätsentwicklung abstellen, lassen sich weitere, vornehmlich implizite Anhaltspunkte in Studien zur Professionalitätsentwicklung des lehrenden, planenden, leitenden und verwaltend tätigen Personals identifizieren.
Im Vordergrund der Forschung zur Professionalität des erwachsenenpädagogischen Personals stehen die Lehrenden. Da sie unmittelbar am Lehr-/Lerngeschehen beteiligt sind, wird ihre Professionalität als Voraussetzung „gelingender“ Lehr-/Lernprozesse verstanden (vgl. Strauch et al. 2020, S. 91). Auf die Professionalität ihrer Lehrenden können Weiterbildungseinrichtungen auf verschiedene Weise Einfluss nehmen (vgl. hierzu bereits Jenner 2022, i. E.): z. B. mittels Rekrutierungsverfahren zur Einbindung professionell geeigneter Lehrender (vgl. Schneider 2019), durch die Nutzung verbandseigener Fortbildungsformate (vgl. Ehses & Slusarek 2020), die Etablierung professioneller Lerngemeinschaften (vgl. Herbrechter et al. 2018) sowie mittels Hospitationen (vgl. Schlutz 2009). Überdies sind Maßnahmen festzustellen, anhand derer Weiterbildungseinrichtungen die digitalen Kompetenzen Lehrender unterstützen (vgl. Christ et al. 2020, S. 31 f.). Somit sind verschiedene Strategien bekannt, wie Weiterbildungseinrichtungen die Professionalitätsentwicklung ihrer Lehrenden organisationsseitig unterstützen.
Die Kompetenzanforderungen des hauptamtlich planenden Personals sind Gegenstand zahlreicher Studien (vgl. von Hippel 2019, S. 114 f.). Auch haben sich in der Praxis Berufseinführungen für Planende etabliert (vgl. Krüger et al. 2020; Klinger 2020). Allerdings stehen die Kompetenzen Planender bisher gegenüber jenen der Lehrenden weniger im Fokus der Forschung (vgl. von Hippel 2019, S. 114 f.). Mit dem KomPla-Kompetenzmodell für Planende hat von Hippel (ebd.) hierzu einen Vorstoß erzielt. Trotz der tragenden Rolle des hauptamtlich planenden Personals für Programm- und Angebotsplanung (vgl. Fleige et al. 2019) gelangen Meisel und Sgodda (2018a, S. 1467 f.) zu der Einschätzung, dass dieses lange kaum im Fokus systematischer Personalentwicklung stand. Hierin bestehe inzwischen jedoch eine zentrale Aufgabe des Weiterbildungsmanagements (vgl. ebd., S. 1467 f.). Die „Förderung der Lernfähigkeit des Personals“ (ebd., S. 1467) erfolge durch Personalentwicklungsmaßnahmen wie „die Personalwahl, die Personalführung, die Fortbildung des Personals, die Arbeitsplatzgestaltung und die Teamentwicklung“ (ebd., S. 1468). Wie Weiterbildungseinrichtungen die Lernfähigkeit des planenden Personals darüber hinaus im Organisationsalltag unterstützen können – z. B. im Rahmen der oben genannten Arbeitsplatzgestaltung oder durch Job-Rotation (vgl. Meisel & Sgodda 2018b, S. 408) – ist bislang indes wenig untersucht.
Das professionelle Handeln der Leitungskräfte ist aufgrund ihrer Verantwortung für die Entwicklung der Gesamteinrichtung untrennbar mit der Gestaltung organisationalen Wandels verbunden. In der Förderung der organisationalen Entwicklungsfähigkeit wird ein zentrales Element des Leitungshandelns gesehen (vgl. Feld 2010b; Feld 2009). Auch die Unterstützung individueller Lernprozesse von Mitarbeitenden sowie kollektiver Lernprozesse von Gruppen bzw. Teams wird als Aufgabe organisationspädagogischen Leitungshandelns verstanden (vgl. Schröer 2018). Obgleich die Professionalität des Leitungspersonals hierbei einen zentralen Stellenwert einnimmt, liegen erst punktuell Fortbildungsangebote für Leitungskräfte in der Weiterbildung vor (vgl. Herbrechter 2018, S. 125 f.). So konstatiert Herbrechter (vgl. ebd., S. 126), dass vor allem Fortbildungen zur Sensibilisierung für institutionelle Einflüsse auf das Leitungshandeln ausstehen. Ein weiteres Desiderat bestehe hinsichtlich der Relevanz des professionellen und berufsbiografischen Hintergrundes von Leitungskräften für ihr jeweiliges Leitungshandeln (vgl. ebd., S. 124 f.).
Während Fortbildungsbedarfe des Verwaltungspersonals schon vor einiger Zeit in den Blick genommen wurden (vgl. von Hippel & Tippelt 2009; Dietsche 2006), sind Verwaltungskräfte bis heute in der Weiterbildungsforschung unterrepräsentiert (vgl. Franz & Scheffel 2017; jedoch: Dietsche 2015). Franz und Scheffel (2017) gehen der Zusammenarbeit zwischen Verwaltungskräften und pädagogischen Mitarbeitenden nach und identifizieren Voraussetzungen für ein Ineinandergreifen administrativer und pädagogischer Aufgaben. Die Autorin und der Autor (vgl. ebd., S. 21) begreifen Strukturbedingungen für Zusammenarbeit (z. B. überlappende Arbeitszeiten), Austauschprozesse zur Information des Verwaltungspersonals und Sicherung dessen Auskunftsfähigkeit gegenüber Externen sowie die Ausgestaltung der Zusammenarbeit innerhalb hierarchischer Einrichtungsstrukturen als Ausdruck organisationsgebundener Professionalität in dem oben genannten Verständnis nach Schicke (2012). Somit stellt sich die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungskräften und anderen Beschäftigtengruppen als Modus einer organisationalen Einbettung der Professionalitätsentwicklung dar. Dies legt nahe, auch andere Konstellationen der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Beschäftigtengruppen dahingehend zu untersuchen.
Die Studien beleuchten, wie Weiterbildungseinrichtungen die Professionalitätsentwicklung ihrer Mitarbeitenden organisationsseitig unterstützen können. Dabei erscheinen die Lehrenden bisher stärker berücksichtigt als die übrigen Beschäftigtengruppen, obgleich Anhaltspunkte zur organisationalen Unterstützung auch ihrer Professionalitätsentwicklung erkennbar wurden.
4 Perspektiven für Praxis und Forschung der Weiterbildung
Die Analyse hat einerseits gezeigt, wie Organisationen Lernfähigkeit gegenüber den von ihren Mitarbeitenden angeregten Veränderungen entwickeln können. Andererseits wurde beleuchtet, wie Weiterbildungseinrichtungen das Lernen und die Professionalitätsentwicklung ihrer Mitarbeitenden unterstützen können. Für die Praxis des Weiterbildungsmanagements wurden so verschiedene Ansatzpunkte zur Gestaltung von Lerngelegenheiten für die unterschiedlichen Beschäftigtengruppen in den Blick gerückt. Sie zeigen, dass organisationsbezogene Professionalitätsentwicklung auch „jenseits“ klassischer Fortbildungsformate und mitunter eingebettet in den Organisationsalltag, das heißt arbeitsintegriert, erfolgt. Festzustellen ist zugleich, dass arbeitsintegrierte Lernformen sowie die organisationale Einbettung von Professionalitätsentwicklung erst in Ansätzen Gegenstand der Weiterbildungsforschung sind. Dabei fehlt es vor allem an einer Differenzierung hinsichtlich der Anforderungen an eine organisationale Unterstützung der Professionalitätsentwicklung unterschiedlicher Beschäftigtengruppen. Eine Aufarbeitung dieser Perspektive könnte für die Praxis des Weiterbildungsmanagements insofern gewinnbringend sein, als damit interne Gestaltungsmöglichkeiten einhergehen. Schließlich können damit verbundene Personalentwicklungskonzepte möglicherweise auch zur einrichtungs-, träger- oder verbandsgetragenen Professionalisierung gegenüber bildungspolitischen Akteuren beitragen (vgl. Meisel & Sgodda 2018b). Vor diesem Hintergrund erfahren folgende theoretische und empirische Anschlüsse in der Forschung Relevanz.
In theoretischer Hinsicht bieten sich zum einen Konzepte zum arbeitsintegrierten Lernen und zur Gestaltung lernförderlicher Arbeitsstrukturen an, die bereits im Fokus berufs- und wirtschaftspädagogischer sowie organisationspädagogischer Forschung stehen (vgl. Dehnbostel 2018; Sausele-Bayer 2018, S. 609). In der Weiterbildungsforschung werden diese bislang wenig aufgegriffen (zum arbeitsplatznahen Lernen von Lehrenden vgl. jedoch Herbrechter et al. 2018). Lernen im Prozess der Arbeit beschreibt u. a. das arbeitsintegrierte informelle bzw. non-formale Lernen der Organisationsmitglieder im Zuge der Ausübung beruflicher Handlungsvollzüge (vgl. Dehnbostel 2018). Deshalb rücken die Organisationsstrukturen unter dem Gesichtspunkt ihrer Lernförderlichkeit bzw. lernhinderlicher Arbeitsbedingungen in den Blick (vgl. ebd.). In entsprechenden Konzepten könnte ein fruchtbarer Zugang liegen, um die in den organisationalen Alltagsvollzug eingebettete Professionalitätsentwicklung auch des hauptamtlichen Personals stärker in den Blick zu nehmen. Potenzial für Anschlussforschung liegt zum anderen in Perspektiven, die eine organisationale Sozialisierung von Mitarbeitenden in Anlehnung an Konzepte zur beruflichen Sozialisation beschreiben (vgl. Hof & Förster 2018). Diese schlagen vor, die Relevanz von Organisationen für die „Veränderung von Wahrnehmungs-, Bewertungs- und Handlungsdispositionen – und damit für die Gestaltung von Vermittlungs- und Aneignungsprozessen zu berücksichtigen“ (ebd., S. 171). Damit ließe sich an die von Franz (2016b, S. 221) aufgezeigte Relevanz informeller Sozialisationsprozesse von Lehrenden im Organisationskontext auch in Bezug auf weitere Beschäftigtengruppen anschließen.
In empirischer Hinsicht hat sich in der Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Beschäftigtengruppen (vgl. Ehses & Käpplinger 2020; Goeze & Stodolka 2019) bereits ein erster Ansatz gezeigt, um alltägliche Prozesse des gemeinsamen Arbeitens hinsichtlich der organisationalen Einbettung von Professionalitätsentwicklung zu ergründen. Schließlich lassen sich in einem zweiten Ansatz Anhaltspunkte für eine eng mit der Organisation verbundene Professionalitätsentwicklung in Konzepten zum Qualitätsmanagement ausmachen (vgl. Egetenmeyer & Käpplinger 2011). Diese Perspektive basiert auf einem Verständnis, nach dem Prozesse des Qualitätsmanagements mit organisationalem Lernen und dem Lernen der Mitarbeitenden verknüpft sein können (vgl. Hartz 2018). Zugleich wird argumentiert, dass die durch Qualitätsmanagement fokussierten Formalstrukturen den alltäglichen Umgang der verschiedenen Beschäftigtengruppen im Hinblick auf ihre Arbeit an den Voraussetzungen für die Qualität in Lehr/-Lernangeboten nicht erschöpfend abbilden (vgl. Jenner 2022, i. E.). Vorgeschlagen wird daher eine binnendifferenzierende Perspektive, unter der die (Zusammen-)Arbeit unterschiedlicher Beschäftigtengruppen an der Entwicklung von Qualitätsvoraussetzungen für Lehr-/Lernangebote untersucht wird (vgl. ebd.). Dabei tritt die Organisation als rahmender Kontext zur Orientierung der Mitarbeitenden bei der Arbeit an der Kernaufgabe von Weiterbildungseinrichtungen – der qualitätsbezogenen Ermöglichung von Lerngelegenheiten für Erwachsene – in den Mittelpunkt (vgl. ebd.). Diese Perspektive schließt an die aufgezeigten Fragen einer organisational eingebetteten Professionalitätsentwicklung des pädagogischen Personals an.
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Autorin
Annabel Jenner, Dr., wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung, Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e. V. (DIE).
Review
Dieser Beitrag wurde nach der qualitativen Prüfung durch das Peer-Review und die Redaktionskonferenz am 17.02.2022 zur Veröffentlichung angenommen.
This article was accepted for publication following a qualitative peer review at the editorial meeting on the 17th February 2022.